AUF DEN SPUREN DER FLENSBURGER STADTGESCHICHTE!
AUF DEN SPUREN DER FLENSBURGER STADTGESCHICHTE!
Unsere heutige deutsch-dänische Grenze besteht 2020 seit 100 Jahren. Sie ist das Ergebnis einer neuen, zukunftsweisenden Friedens-Idee nach dem Ende des Ersten Weltkrieges: dem „Selbstbestimmungsrecht der Völker“. Statt der zuvor üblichen militärisch-machtpolitischen Grenzziehungen in unserer Heimat erwuchs die Grenze von 1920 aus einer Volksabstimmung der betroffenen Grenzlandbevölkerung. Unter Aufsicht einer Internationalen Kommission (CIS) nahmen mehr als 165.000 Abstimmungsberechtigte diese Chance wahr. Damit lag die Wahlbeteiligung bei über 90 Prozent.
Im 19. Jahrhundert waren noch zwei blutige deutsch-dänische Kriege mit wechselhaftem Ausgang um Schleswig-Holstein geführt worden. Die Volksabstimmung von 1920 aber erbrachte nach einem beiderseits engagiert geführten, jedoch unblutigen Propaganda-Wahlkampf nun ein eindeutiges, dauerhaftes und demokratisch legitimiertes Ergebnis: In Zone I (Nordschleswig) votierten am 10. Februar 1920 etwa 75 % für Dänemark, in Zone II (Mittelschleswig mit Flensburg) gingen am 14. März 1920 ca. 80 % aller Stimmen an Deutschland.
Am 15. Juni 1920 wurde so die Trennlinie der beiden Stimmzonen vom Versailler Botschafterrat als neue, bis heute bestehende deutsch-dänische Grenze bestätigt. Diese ermöglichte fortan jeweils ca. 75% der Bevölkerung beiderseits der Grenze ein Leben im gewünschten Heimatstaat.
Zugleich blieben in Nordschleswig eine deutsche Minderheit und in Mittelschleswig eine dänische Minderheit zurück, deren weitgehende rechtliche Anerkennung und Gleichstellung im „Herbergsstaat“ in der zweiten und dritten Generation gelang. So blieb unser kulturell stets zweiströmiges Grenzland mit seinem Hauptort Flensburg auch nach 1920 weiterhin beiderseits der Grenze von deutscher und dänischer Kultur geprägt. Als Region eines täglich gelebten „Perspektivenwechsels“ dient es heute gern als es international zitiertes Beispiel für das Gelingen eines demokratisch begründeten, grenzübergreifenden Zusammenlebens zweier ehemals bekämpfender Kulturen.
Dass dies keine Selbstverständlichkeit ist, belegen die aktuellen ethischen und nationalen Konflikte in anderen Regionen Europas. Daher bieten die 100 Jahre gelebter Grenz-Erfahrungen in unserer deutsch-dänischen Region einen hilfreichen und daher mitzuteilenden Schatz an Erkenntnissen, Einsichten und befriedender Wegweisungen – sowohl für die Gegenwart wie für die Zukunft.
Dr. Broder Schwensen
Archivdirektor / Flensburg