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ERZÄHLORT

Gut Jägerslust

Jägerweg, 24941 Flensburg

Als die Nationalsozialisten 1933 an die Macht kamen, beschloss Alexander Wolff, Besitzer des Gutes Jägerslust, die Gründung eines Auswandererlehrguts für junge Juden. Bis zur Pogromnacht am 9./10. November 1938 hielten er, seine Familie und Mitarbeiter durch. Dann mussten sie fliehen.

Das 1857 gegründete Gut „Jägerslust“ wurde 1906 von Georg Nathan Wolff, einem Fabrikant aus Berlin, erworben. Dessen Sohn Alexander übernahm nach 3 Jahren Freiwilligendienst im Ersten Weltkrieg 1917 und nach dem Tod des Vaters die Leitung des Gutes. Vormals deutsch-patriotisch und eher nicht religiös, führte der neue Antisemitismus nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten bei den Wolffs zu einer Hinwendung zum Judentum. Sie machten ihr Gut zu einem Auswandererlehrgut der Jugendorganisation „Hechaluz“ für junge Juden, die sich hier sich auf ihr Arbeiterleben in Palästina vorbereiteten. Der Überfall durch NS-Trupps während der Pogromnacht in der Nacht des 9./10. November 1938 beendete dies. Das Gut wurde unter der Führung des Flensburger à Polizeipräsidenten Hinrich Möller von SA-Trupps v. a. aus Friedrichstadt[1] zerstört, alle Personen verhaftet und Alexander Wolff unter Schlägen über die deutsch-dänische Grenze gejagt. Seine Frau Irma fand im dänischen Altersheim à „Hjemmet“ vorübergehend Unterschlupf[2], später flüchtete sie mit seiner Mutter Käthe und seiner Schwester Lilly nach Berlin. Sie und andere Jägerslust-Bewohner ermordete man in KZ. Alexander Wolff musste mehrere Jahre um Wiedergutmachung kämpfen. 1966 besuchte er mit seiner zweiten Frau Else die Ruinen seines Gutes. Er trug sich ins Goldene Buch ein, aber schloss eine Rückkehr nach Deutschland aus: Er würde nie wissen, ob er dort Mördern seiner Familie begegnen könne. Das ehemalige Gutgelände wurde Standortübungsplatz der Bundeswehr, danach übernahm es die Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein. Heute erinnern dort eine Info-Station und Stolpersteine an das Gut „Jägerslust“ und seine Bewohner.<


[1] siehe GFS (Hrsg.): Flensburg – Geschichte einer Grenzstadt. 1966, S. 450

[2] ebda., S. 450