Staatlich organisierte Zerstörung jüdischer Einrichtungen sowie Verfolgung und Ermordung jüdischer Bürger am 09./10.  November 1938. Seit 1933 erlitten Menschen jüdischen Glaubens im NS-Staat durch Boykott-Aufrufe, Berufs-, Ausbildungs-, Aufenthalts- und Umgangsverbote infolge sog. „Rassegesetze“ eine systematische Ausgrenzung und Entrechtung – so auch in Flensburg. Einige der hier bedrängten Familien emigrierten, andere verzogen in der fälschlichen Hoffnung auf schützende Anonymität nach Hamburg oder Berlin. Und mancher beging Selbstmord. Mit der Pogromnacht 1938 radikalisierte sich die rassegesetzliche Scheinlegalität sodann zum polizeilich koordinierten Staatsterror. Im Haus Große Str. 15/19 brachen Gestapo-Kräfte in die Wohnung des betagten Ehepaares Lazarus ein, verwüsteten das Mobiliar, verhafteten die verängstigten Bewohner und verschleppten den  anwesenden Sohn Heinrich in das KZ Sachsenhausen. Ebenfalls von  zivilgekleideter SS, SA  und Polizei überfallen, verwüstet und geplündert wurde das Gut Jägerslust in Flensburg-Weiche. Die jüdische Eignerfamilie Wolff wurde verhaftet, Gutsherr Alexander Wolff verletzt über die Grenze nach Dänemark getrieben, die jüdischen Landwirtschaftsschüler des „Hachscharah“-Hofes in das KZ Sachsenhausen verschleppt. Das verwaiste Gut wurde 1939 zunächst zwecks „Neubildung deutschen Bauerntums“ weit unter Wert zwangs-„arisiert“ und nach Kriegsbeginn der Luftwaffe zur Flugplatzerweiterung übertragen.[1]

 


[1] Andreas Oeding, Broder Schwensen & Michael Sturm (Hrsg.): FLexikon, 725 Aha-Erlebnisse aus Flensburg! 2009, S. 186

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