BEITRAGSORT
Stolperstein Junkerholweg 13
Junkerholweg 13, 24939 Flensburg
Stolpersteine
„Ein Mensch ist erst vergessen, wenn sein Name vergessen ist.” Seit dem 1. September 2003, anlässlich des Antikriegstages, gibt es in Flensburg sogenannte Stolpersteine. Sie erinnern an die während der NS-Zeit ermordeten Flensburger Bürgerinnen und Bürger jüdischen Glaubens sowie an andere Opfer des NS-Regimes. Die Initiative dazu ergriffen der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) und eine Flensburger Privatperson. Von den 42 namentlich bekannten Flensburger Opfern wurden 27 bis November 2019 mit einem Gedenkstein aus der Anonymität geholt. Darunter sind vor allem Menschen jüdischen Glaubens, aber auch Personen, die wegen ihrer sexuellen Orientierung verfolgt und getötet wurden, so z. B. Gustav Schreiber. Ihm wurde der Stolperstein im Holm 39 gewidmet. Ebenso wurden Personen des Widerstandes mit Stolpersteinen gewürdigt. So erhielt am 21. November 2019 Emil Alwin Henning Jessen im Junkerhohlweg 13 einen Stolperstein. Am selben Tag brachte der Künstler und Initiator der Stolpersteine, Gunter Demnig, zwei weitere Steine in den Boden: Für Oskar Reinke in der Große Straße 15 sowie für Marie Johanne Lembcke in der Dorotheenstraße 28. Die drei letztgenannten Personen werden stellvertretend vorgestellt (Die Beschreibungen orientieren sich an Texten von Ludwig Hecker, VVN-BDA Flensburg. Informationen zu Marie Johanne Lembcke gab auch Frau Ursula Hartenberger/Brüssel).
Emil A. H. Jessen
geboren 1906
im Widerstand / KPD, Verhaftet 1933
Vorbereitung Hochverrat, Zuchthaus Neumünster
1943 Strafbataillon 999, Tot 1944 Tiraspol (heute Republik Moldau)
Die Familie Jessen wechselte ihren Aufenthaltsort von Südschleswig nach Nordschleswig und Dänemark. Ihr Sohn Emil war nach der Wiedervereinigung Nordschleswigs mit Dänemark einige Jahre zur dänischen Schule gegangen und 1920 in Sønderjylland in der Gemeinde Lintrup gemeldet. Nach einer Ausbildung zum Brunnenbohrer arbeitete er in der Umgebung von Lintrup. 1930 zog er nach Flensburg. Emil Jessen gehörte bis zum Jahr 1933 der KPD in Flensburg an. Weil er hier an der Erstellung und Verbreitung illegaler Druckschriften beteiligt gewesen war, wurde er zusammen mit anderen am 31. März 1933 verhaftet und durch Urteil des Berliner Kammergerichts vom 29. Mai 1934 wegen Vorbereitung zum Hochverrat zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt, einer Strafe, die er unter Anrechnung der erlittenen Untersuchungshaft bis zum 1. April 1935 verbüßte. In der Folgezeit war er u. a. als Terrazzoschleifer und Brunnenbohrer beschäftigt. Am 30. Juli 1943 wurde er zu den Bewährungseinheiten Strafbataillone 999 eingezogen und später auf dem Balkan eingesetzt. Im August 1944 schrieb er aus Bessarabien (heute Republik Moldau und Ukraine) eine letzte Nachricht. Seitdem galt er als verschollen. Eine Suchanfrage beim Deutschen Roten Kreuz ergab, dass der Verschollene wahrscheinlich bei den Kämpfen im Raum Tiraspol Ende August 1944 zu Tode kam. Das Amtsgericht Flensburg erklärte Emil Jessen zum 31. Dezember 1944 für tot.
Bisherige Standorte der Stolpersteine in Flensburg:
- Norderstraße 27/29, 111 und 145
- Große Straße 15-19, 54 und 69
- Holm 39
- Südergraben 36
- Angelburgerstraße 9
- Burgstraße 6
- Rathausstraße 2
- Stiftungsland Schäferhaus Süd (à Gut Jägerslust)
- Junkerhohlweg 13
- Dorotheenstraße 28
In der vom Kölner Künstler Gunter Demnig 1993 initiierten Aktion erinnern heute in Deutschland etwa 8000 Stolpersteine in 160 Städten gegen das Vergessen. Der erste Stolperstein wurde 1996 in Berlin-Kreuzberg gelegt – noch illegal und erst nachträglich genehmigt. Das Projekt ist am 29. 12. 2019 auf 75.000 verlegte Steine in rund 2.000 Kommunen in 24 Ländern gewachsen. Zudem liegen mittlerweile 25 Stolperschwellen, unter anderem in Buenos Aires, Argentinien. Dort erinnert die Schwelle an ab 1934 ausgewanderte bzw. geflüchtete Deutsche.[5] Stolperschwellen sind geeignet für Orte, an denen Hunderte, vielleicht Tausende Stolpersteine verlegt werden müssten, aber an denen der Platz nicht ausreicht. Als weiteres Beispiel sei eine Stolperschwelle mit dem Verweis auf Tausende von Zwangsarbeiter genannt, die zwischen 1941 bis 44 in den Röchlingschen Eisen- und Stahlwerken für die deutsche Rüstung arbeiten mussten und von denen Hunderte aufgrund unmenschlicher Lebensbedingungen starben. Stolpersteine sind nicht unumstritten: Es gibt Stimmen, die das Betreten oder Beschmutzen als neuerliche Schändung oder Verunglimpfung empfinden.