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BEITRAGSORT

Stolperstein Große Straße 15

Große Straße 15, 24937 Flensburg

Stolpersteine

„Ein Mensch ist erst vergessen, wenn sein Name vergessen ist.” Seit dem 1. September 2003, anlässlich des Antikriegstages, gibt es in Flensburg sogenannte Stolpersteine. Sie erinnern an die während der NS-Zeit ermordeten Flensburger Bürgerinnen und Bürger jüdischen Glaubens sowie an andere Opfer des NS-Regimes. Die Initiative dazu ergriffen der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) und eine Flensburger Privatperson. Von den 42 namentlich bekannten Flensburger Opfern wurden 27 bis November 2019 mit einem Gedenkstein aus der Anonymität geholt. Darunter sind vor allem Menschen jüdischen Glaubens, aber auch Personen, die wegen ihrer sexuellen Orientierung verfolgt und getötet wurden, so z. B. Gustav Schreiber. Ihm wurde der Stolperstein im Holm 39 gewidmet. Ebenso wurden Personen des Widerstandes mit Stolpersteinen gewürdigt. So erhielt am 21. November 2019 Emil Alwin Henning Jessen im Junkerhohlweg 13 einen Stolperstein. Am selben Tag brachte der Künstler und Initiator der Stolpersteine, Gunter Demnig, zwei weitere Steine in den Boden: Für Oskar Reinke in der Große Straße 15 sowie für Marie Johanne Lembcke in der Dorotheenstraße 28. Die drei letztgenannten Personen werden stellvertretend vorgestellt (Die Beschreibungen orientieren sich an Texten von Ludwig Hecker, VVN-BDA Flensburg. Informationen zu Marie Johanne Lembcke gab auch Frau Ursula Hartenberger/Brüssel).

 

Oskar Reinke
geboren am 10. Januar 1907
im Widerstand / KPD, Verhaftet 1933 Sonnenburg
1941 Widerstandsgruppe Bästlein-Jakob-Abshagen
1942 Hamburg Holstenglacis, Enthauptet 10.7.1944

Oskar Reincke, in Hamburg geboren, wuchs als Sohn eines Schiffskontrolleurs und dessen Frau auf und begann eine Zimmermannslehre. Aus gesundheitlichen Gründen brach er die Lehre ab und arbeitete als Quartiermacher. 1924 schloss Reincke sich dem Kommunistischen Jugendverband an und übernahm wenig später eine Kreisleitung. 1929 trat Reincke der KPD bei und übernahm 1932 die Leitung des Unterbezirks Flensburg. Im selben Jahr heiratete er Ella Seidel, seit 1924 KPD-Mitglied. Am 12. März 1933 wurde Reincke in die Flensburger Stadtverordnetenversammlung gewählt. Aufgrund der erlassenen „Reichstagsbrand-Verordnung“ (Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutz von Volk und Staat vom 28. Februar 1933) konnte er sein Mandat nicht wahrnehmen. Bereits Mitte März 1933 verhaftet, wurde Reincke bis 1935 in Konzentrationslagern gefangen gehalten. Seine Frau versuchte unterzutauchen, wurde jedoch festgenommen und zu einer mehrjährigen Gefängnisstrafe verurteilt. Nach ihrer Freilassung lebten beide in Hamburg. Reincke fand nach einer kürzeren Haft Arbeit in einer Papiersackfabrik und gehörte seit 1939 erneut Hamburger Widerstandskreisen an. Im Dezember 1941 beschloss Reincke zusammen mit Bernhard Bästlein, Robert Abshagen und Franz Jacob die Gründung einer Widerstandsgruppe gegen den Nationalsozialismus und gehörte der dreiköpfigen Leitung an. Er wurde am 17. Oktober 1942 verhaftet, zum Tode verurteilt und im Juli 1944 im Untersuchungsgefängnis am Holstenglacis in Hamburg enthauptet. Reinckes Name ist Bestandteil einer Ehrentafel am Eingang zum Flensburger Ratssaal. Sie erinnert an jene Mitglieder der Flensburger Stadtverordneten-Versammlung, denen ihr Mandat durch das NS-Regime entzogen wurde. Der Stolperstein für Oskar Reincke wurde vor dem Büro der KPD Flensburg in der Großen Straße 15 installiert. Die Polizeibehörde ließ es am 1. Februar 1933 auf Erlass Görings schließen.

 

Bisherige Standorte der Stolpersteine in Flensburg:

  • Norderstraße 27/29, 111 und 145
  • Große Straße 15-19, 54 und 69
  • Holm 39
  • Südergraben 36
  • Angelburgerstraße 9
  • Burgstraße 6
  • Rathausstraße 2
  • Stiftungsland Schäferhaus Süd (à Gut Jägerslust)
  • Junkerhohlweg 13
  • Dorotheenstraße 28

 

In der vom Kölner Künstler Gunter Demnig 1993 initiierten Aktion erinnern heute in Deutschland etwa 8000 Stolpersteine in 160 Städten gegen das Vergessen. Der erste Stolperstein wurde 1996 in Berlin-Kreuzberg gelegt – noch illegal und erst nachträglich genehmigt. Das Projekt ist am 29. 12. 2019 auf 75.000 verlegte Steine in rund 2.000 Kommunen in 24 Ländern gewachsen. Zudem liegen mittlerweile 25 Stolperschwellen, unter anderem in Buenos Aires, Argentinien. Dort erinnert die Schwelle an ab 1934 ausgewanderte bzw. geflüchtete Deutsche. Stolperschwellen sind geeignet für Orte, an denen Hunderte, vielleicht Tausende Stolpersteine verlegt werden müssten, aber an denen der Platz nicht ausreicht. Als weiteres Beispiel sei eine Stolperschwelle mit dem Verweis auf Tausende von Zwangsarbeiter genannt, die zwischen 1941 bis 44 in den Röchlingschen Eisen- und Stahlwerken für die deutsche Rüstung arbeiten mussten und von denen Hunderte aufgrund unmenschlicher Lebensbedingungen starben. Stolpersteine sind nicht unumstritten: Es gibt Stimmen, die das Betreten oder Beschmutzen als neuerliche Schändung oder Verunglimpfung empfinden.